Soundgarden „King Animal“: Warum Chris? Warum?

Mal ganz ehrlich:

Gibt es eine Reunion einer Band, die zu Gutem geführt hat? Mir mag grad kein positives Beispiel einfallen. Vielleicht bin ich auch nur so fatalistisch, weil ein weiterer Heldenmythos endgültig entzaubert worden ist. Als hätte ich’s nicht schon geahnt. Und sagt nicht, ich hätte es nicht versucht.

SOUNDGARDEN  waren neben Nirvana die Posterboys meiner Generation, die in den Ausverkauf eines Genres – Grunge – hineinplatzte, der Seattle-Sound. Speziell Chris Cornell war einer meiner Jugendhelden. Eine Stimme und ein Sound, den ich überall erkannt hätte. Unverwechselbar. Ob nun mit Temple of the Dog und ihrem selbstbetitelten und einzigen Album, Soundgardens „Badmotorfinger“ und „Superunknown„, ja selbst das erste Soloalbum Chris Cornells, „Euphoria Morning„, ich habe sie alle, gehört, geliebt, für gut befunden.

Es gibt aber musikalische Entscheidungen, da will ich Cornell rückwirkend die Gitarre auf die Finger kloppen, um mich und die Musikwelt vor noch Schlimmerem zu bewahren. Auch irgendwie aus Sympathie zu Cornell selbst, ihn vor noch mehr allzu peinlicher Bloßstellung abhaltend. Ist ja schließlich ein früheres Idol. Er wusste nie, wann es genug ist, ab wann es peinlich wird. Seien es die letzten beiden Audioslave-Alben. Das erste klang wenigstens noch interessant, nach Rage Against The Machine mit neuem nasalen Sänger, der wie Soundgarden klingt. Und dann folgte nur noch abgeschmacktes Songwritergedöns mit viel Attitüde, aber wenig musikalischer Qualität, dass, wären sie nicht alle, wer sie sind, nie auch nur irgendeinen interessiert hätte. Warum schleicht sich bei alternden Bands, die früher durch gutes Songwriting bestachen, die Reim-Dich-oder-ich-fress-Dich-Texterei ein?

Oder nehmen wir sein zweites SoloalbumCarry On„, marktanbiedernd und belanglos, garniert mit Michael Jackson-Coverversion oder seinem James Bond-BeitragYou know my Name. Die Reinszenierung einer Rockpose, die nicht mehr zünden wollte. Wie einfallslos geht’s denn noch? Und noch während der Frage denke ich gleich „Ach ja, da war ja was“.

Da wäre nämlich noch sein sicherlich als mutig verstandenes Album „Scream„, von Timothy „Timbaland“ Mosley produzierte Elektronik Pop-Soundscapes, garniert mit Gastbeiträgen von unter anderem … Justin Timberlake? What the … ?

Nicht, dass man mich jetzt falsch versteht: Chris Cornell ist immernoch ein guter Frontmann, Soundgarden eine enorm gute Band, die zu Recht Musikgeschichte geschrieben hat. Aber muss das jetzt recycelt werden? War Badmotorfinger mit „Jesus Christ Pose„, „Outshined“ oder „Rusty Cage“  wegweisend, ist „King Animal“ nur noch austauschbare Stangenware, quasi das abgetragene H&M-Bandshirt ohne wirkliches Rockprestige, mit dem an alte Zeiten angeknüpft werden soll. Alte Zeiten, die Cornell selbst schon, seitdem das Genre mit „Grunge“ einen Namen fand, als überlebt ansah. Da fragt man sich dann doch unweigerlich: Warum dann das jetzt reanimieren, Chris, warum?

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